„Chemische und physikalische Materialveränderungen des Schmelzleiters, die zu irreversiblen Änderungen der Sicherungseigenschaften führen, werden als Alterung bezeichnet.“
Stromführende Bauteile – u.a. Sicherungen – unterliegen im Normalbetrieb der Alterung des Schmelzleiters. Die dabei auftretenden Alterungsmechanismen sind abhängig von der Dauer und der Höhe der jeweiligen Belastung.
Im Wesentlichen wirken folgende Alterungsmechanismen:
Thermische Ermüdung:
In der Regel setzt ein Alterungsvorgang bei Erwärmung ein. Dabei summiert sich die Umgebungstemperatur innerhalb des Bauteils (beeinflusst u.a. durch benachbarte Wärmequellen) mit der stromabhängigen betrieblichen Wärme des Schmelzleiters.
Aber auch mechanische Einwirkungen (Erschütterungen, Vibrationen, Stöße) können Alterungsvorgänge auslösen. Die elektrischen und/oder mechanischen Eigenschaften des Schmelzleiters werden beeinträchtigt und verringern somit die Lebensdauer des Bauteils. Als Folge wird durch die Alterung die Zeit-Strom-Kennlinie beeinflusst, die zu einem anderen i.d.R. kleinerem Nennstrom oder sogar zu einer anderen Charakteristik führen kann.
Eine mechanische Beanspruchung durch zyklische Belastung (elastische oder elastisch-plastische Dehnung, mechanisches Versagen des Schmelzleiters).
Bei dieser Alterungsform findet eine Ermüdung bei zyklischen oder impulsförmigen Strombelastungen statt. Meist tritt thermische Ermüdung bei Schmelzleitern zum Schutz von Halbleiterbauelementen auf.
Chemische Reaktion:
Die chemische Reaktion des Schmelzleiters mit einem Lot- oder Zinndepot oder durch die Oxidation mit dem umgebenden Luftsauerstoff.
Die Entstehung isolierender Oberflächenschichten (z.B. Oxide) führt zu einer Reduzierung des aktiven Schmelzleiterquerschnitts und so zu einer Erhöhung des elektrischen Widerstands. Gleichzeitig können sich mechanisch sehr feste Oxidschichten bilden. Daraus folgt eine Verschiebung der Zeit-Strom-Kennlinie.
Betroffen sind besonders Kupferschmelzleiter im Einsatz für den Kurzschlussschutz. Hohe Temperaturen im Normalbetrieb und große Temperaturgradienten entlang des Schmelzleiters begünstigen diesen Alterungsprozess.
Auch der Einfluss von korrosiven Umgebungsbedingungen (feucht, salzhaltig, sauer u.a.) auf die Alterung kann in speziellen Applikationen ebenfalls von Bedeutung sein. Dieser Einfluss kann u.U. durch eine Oberflächenbehandlung der Metalle reduziert werden.
Interdiffusion:
Die Diffusion zwischen Schmelzleiter und Lot nimmt mit steigender Temperatur stark zu.
Das Wachstum intermetallischer Phasen mit schlechteren elektrischen Eigenschaften (erhöhter elektrischer Widerstand im Bereich Schmelzleiter-Lot) beschleunigt sich.
Alterung durch Interdiffusion beeinflusst das Langzeitverhalten von Schmelzleitern besonders. Im Normalbetrieb ist eine Interdiffusion zwischen Schmelzleiter und Lot nicht erwünscht, da sich der Querschnitt des aktiven Schmelzleiters verkleinert und somit der elektrische Widerstand erhöht wird. Ist die Solidustemperatur des Lotes überschritten, erfolgt eine Alterung durch Interdiffusion. Die Folgen sind höhere Temperaturen im Normalbetrieb und Verkürzungen der Schaltzeiten im kleinen Überstrombereich.
Ein Schmelzleiter auf Kupferbasis, beschichtet mit Zinn (Klassiker) bilden bereits bei Raumtemperatur intermetallische Phasen, die deutlich veränderte elektrische Eigenschaften als die Basismetalle besitzen.
Besonders eutektische Legierungen erstarren in einem sehr feinkörnigen Gefüge und haben damit einen hohen Anteil an Korngrenzen. Dieses ist eine „Autobahn“ für Diffusionsprozesse. Durch Einbringung von Zusätzen von Cadmium oder Bismut, die sich bevorzugt an Korngrenzen ablagern, wird eine „Diffusionsbarriere“ erzeugt, die für das Schaltverhalten eines Schmelzleiters , besonders im kleinen Überstrombereich, verlängerte Schaltzeiten erzeugen kann.
Elektromigration:
Elektromigration beschreibt einen gerichteten Materialtransport in einem festen Leiter, der durch elektrischen Strom verursacht wird. Häufig führen hohe Stromdichten wie sie bei Pulsströmen oder erhöhten, punktuellen Verlustleistungen insbesondere bei Schmelzleitern mit Engstellen, vorkommen, zu starken Migrationseffekten.
Die Bewegung von Ladungsträgern (Ionen) wird durch Kollisionen mit Elektronen beschleunigt. Durch geometrische Gestaltungen eines Schmelzleiters können Elektromigrationseffekte beeinflusst werden (hohe Stromdichten z.B. durch Einbringung von Engstellen oder durch starke Richtungsänderungen des Leiters).